„Insofern ist der Weise sich selbst genug:
nicht, dass er ohne Freund sein will, sondern dass er es kann.“ Seneca
Lesezeit: 7 Minuten
„Ich hocke alleine zuhause und mein Leben zieht an mir vorbei.“
„Alle sind untereinander befreundet, nur ich fühle mich komplett fehl am Platz.“
„Mich fragt nie jemand, ob ich dabei sein möchte.“
„Alle gaukeln mir Interesse vor, aber keiner interessiert sich wirklich für mich.“
Kommen dir diese Gedanken bekannt vor? Haben sie sich in dir eingebrannt und dir die Luft aus den Lungen gedrückt? Haben sie eine klobige, undurchdringliche Mauer zwischen dir und den Rest der Welt gebaut?
Willkommen in der Einsamkeit. Du bist nicht allein. Ich teile dieses Schicksal mit dir.
Diese 4 Sätze stammen direkt aus meinem Kopf. Sie sind zum Glück nicht mehr so präsent wie damals, aber noch heute gibt es Momente, in denen ich genau so fühle und denke.
Mittlerweile weiß ich aber, dass du und ich damit nicht allein sind. Und ich möchte die Dinge, die ich in den einsamsten Episoden meines Lebens lernen durfte, gerne heute mit dir teilen.
Gemeinsamkeit: Einsamkeit
Es ist schon seltsam: Wir können mit wenigen Klicks an das Ende der Welt telefonieren. Ständig sind wir erreichbar – natürlich über WhatsApp, aber nicht persönlich zu sprechen. Das regeln wir lieber über stundenlanges Texten.
Es leben so viele Menschen wie nie zuvor auf einem Fleck. Die Wege waren niemals kürzer. Doch zugleich steigt mit diesen Errungenschaften die Einsamkeitsquote immer steiler an. Unsere Gemeinsamkeit? Die Einsamkeit.
Viele von uns schwanen eh schon im dunkelorangen Bereich der Isolation. Und jetzt kommt auch noch alles auf einmal: Der Herbst ist da, was dafür sorgt, dass wir uns wieder in unsere Häuser einigeln.
Und dann explodieren auch noch die Corona-Zahlen, die uns täglich wild um die Köpfe geworfen werden und zum zweiten Lockdown führen.
So wichtig es ist, die Risikogruppe zu schützen – so sehr leiden doch deine und meine Psyche darunter.
Wir leben doch schon in einer Wisch-und-weg- oder Wisch-and-fuck-Gesellschaft, in der Netflix nebenbei läuft, um irgendwelche Stimmen zu hören. In der eine feste Partnerschaft zu finden geradezu zur Herkules-Aufgabe geworden ist.

Und in der Podcasts enorm gehyped werden – oder hast du noch nie einen angemacht, um dir zumindest ein bisschen die Einsamkeit zu nehmen? Ich schon, und das nicht nur einmal.
Der Kreislauf der Einsamkeit
Einsamkeit ist ein schleichender Prozess. Sie beginnt mit ersten Unsicherheiten und Kränkungen und kann im schlimmsten Fall zu Isolation und Krankheiten führen.
Ich kann sogar so weit gehen und sagen, sie ist fast wie eine Krankheit: Das Gehirn nimmt Einsamkeit in denselben Arealen wie psychischen Schmerz wahr.
Und Einsamkeit verändert das Denken. Wenn du einsam bist, machst du es anderen schwerer, gemocht zu werden. Das intensiviert den Strudel der Einsamkeit und führt zu einem Kreislauf, den ich mit dir durchbrechen möchte.
Denn meine wichtigste Erkenntnis über Einsamkeit lautet: Einsamkeit ist eine Haltung. Eine Einstellung.
Natürlich musst du dafür erstmal die Gefühle von Zurückweisung, Alleinsein und Verlust erlebt haben.
Aber wenn du nach diesen negativen Erfahrungen daran festhältst, wird es zu einer Einstellung, einer Haltung, die immer wieder die gleichen beschissenen Erfahrungen in deinem Kopf abspult. Und mit der Zeit polen sich Gedanken, Gefühl, Körper und deine Ausstrahlung auf: Ich bin einsam.
Das ist gut und schlecht zugleich. Schlecht, weil du damit dich selbst kaputt machst und dir die Grundlage für echte Beziehungen nimmst. Gut, weil du die Macht über dich hast und du etwas an deiner Haltung ändern kannst.
1. Triff eine Entscheidung
Bewusstsein und Achtsamkeit sind hier die Schlüsselwörter. Sie ermöglichen dir, die Einsamkeit bewusst zu erkennen und dagegen vorzugehen.
Du bist deiner Situation nicht hilflos ausgeliefert! Die ersten Schritte Richtung Veränderung beginnen mit der Erkenntnis, dass du selbst deine Einstellung wählst.
Der Psychologe und Zeitgenosse von Freud, Alfred Adler, würde dir in diesem Fall die Frage stellen: Willst du einsam sein? Dann hält dich nichts davon ab, in deiner Opferrolle zu bleiben.
Willst du aber deine Einsamkeit aufgeben und wieder ein glücklicheres Leben führen? Dann entscheide dich bewusst dafür!
2. Verabschiede dich von Selbstvorwürfen
Dein Glück oder Unglück hängt von deinem Fokus ab, den du bewusst lenkst. Positives Denken, das gebe ich zu, dürfen die meisten von uns erst einmal lernen.
Deshalb bringt es auch nichts, dir deine Einsamkeit vorzuwerfen oder dich sogar dafür zu schämen. Ob sie jetzt Corona-bedingt ist, dadurch noch verstärkt wird oder davon ganz unabhängig ist: Es ist okay, dass du dich jetzt einsam fühlst.
Bitte überhäufe dich jetzt nicht mit Anklagen, dass du es besser hättest wissen müssen, ein besserer Mensch hättest sein sollen, dies oder jenes nicht hättest sagen oder tun dürfen, …
Verabschiede dich von diesen Gedanken. Du bist jetzt an diesem Punkt, und er lässt dich wachsen – wenn du wachsen möchtest.
3. Akzeptiere, was du nicht ändern kannst
Halte Wachstum, Selbstwirksamkeit und den Drang zur Veränderung in allen Ehren – aber konzentriere dich dabei gerne auf Dinge, die du wirklich ändern kannst. Und lasse ab von denen, die du nicht ändern kannst.
Klingt eigentlich ganz logisch, sieht aber praktisch manchmal ein bisschen anders aus.
Zum Beispiel kannst du gerade, was den Lockdown light angeht, nicht sonderlich viel daran ändern. Das – ist – jetzt – nun – mal – so.
Oder wenn du dich einsam fühlst, weil sich dein Freundeskreis in Luft aufgelöst, dein Partner dich verlassen hat oder sogar einer deiner Herzensmenschen verstorben ist … Du kannst es jetzt nicht ändern.
Verschwende deine Energie nicht daran, sondern akzeptiere die Situation. Akzeptiere die Gestalt, die dein Leben jetzt angenommen hat.
Akzeptanz kann so unendlich viel Leidensdruck in Luft auflösen. Konzentriere dich lieber auf das, was du wirklich tun und ändern kannst.
4. Deine Einsamkeit hat ein Ende
Gerade zum jetzigen Zeitpunkt kannst du dir sicher sein, dass du mit deiner Einsamkeit nicht allein dastehst. Vielleicht geht es dir im Vergleich zu anderen sogar noch richtig gut!
Sei dir bewusst, dass Einsamkeit ein Zustand ist, den jeder mal in seinem Leben erfährt. Er gehört in dem sensiblen Gleichgewicht zwischen der Behauptung seines eigenen Ichs und dem Wunsch nach Zugehörigkeit ganz natürlich mit dazu.
Und das führt auch zur nächsten Erkenntnis: Es ist ein Zustand, eine Haltung, die nicht immer so sein wird. Es werden wieder bessere Zeiten kommen. Und es wird dir besser gehen. Alles hat ein Ende, auch deine Einsamkeit.
5. Richte deinen Fokus auf die Fülle
Bis dahin heißt es: Fokus lenken. Denn natürlich kannst du dich jetzt auf das konzentrieren, was du alles nicht hast. Wo deine Mängel sind. Wo du dich so elendig fühlst, dass du in Selbstmitleid zerfließen könntest (glaube mir, ich kenne das nur zu gut …).

Oder aber du richtest deinen Blick auf das, was du hast. Vielleicht eine gelingende Beziehung? Einen starken Freundeskreis? Eine tolle Arbeit? Vielleicht auch nur ein super weiches Kuschelbett? Ein leckeres Frühstück?
Rücke die schönen Dinge deines Lebens in den Mittelpunkt. Die Fülle, statt die Leere! Fülle, Fülle, Fülle! Trimme deine Gedanken auf die Fülle.
6. Lerne dich selbst kennen
Wenn du die Fülle im Blick hast, dann kannst du auch jede Situation deines Lebens als Geschenk begreifen. So auch die Einsamkeit.
Sie ist dein Wachstumsbooster! Zumindest, wenn du sie als solchen anerkennst. Du hast jetzt die Zeit, dich ausgiebig mit dir selbst zu beschäftigen und dich besser kennenzulernen. Nicht als „Ich muss“, sondern als „Ich darf“.
Du darfst jetzt herausfinden, was dich wirklich im Inneren aufwühlt. In welchen Bereichen du deiner Meinung nach schon ganz gut aufgestellt und gefestigt bist und in welchen du noch Angst spürst, die dich hemmt und im schlimmsten Fall lähmt.
Setze dich mit dir selbst auseinander! Lerne dich kennen wie einen Freund. Sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber auf keinen Fall. Manchmal sind wir uns selbst so fremd wie der Kassiererin an der Tankstelle.
7. Stelle dir diese Frage zur Einsamkeit
Ich weiß, das ist manchmal gar nicht so einfach. Du bist dir schon selbst völlig überdrüssig und jetzt sollst du noch mehr Zeit mit dir verbringen und das auch noch gerne? Ja! Genau das.
Und was dir dabei helfen kann, ist eine konkrete Frage zur Einsamkeit: Was brauchst du eigentlich wirklich gegen deine Einsamkeit? Sind es wirklich die 5 Freunde mehr, die du auf deinem Konto verbuchen möchtest? Ist es wirklich eine Partnerschaft, die dich grenzenlos erfüllen soll? Oder sind das nur Ausflüchte, die dich vom echten Problem ablenken?
Stelle dir vor, du wachst eines morgens auf, und dein Problem hat sich in Luft aufgelöst. Wie genau würde das aussehen? Was hätte sich verändert?
Sei dabei so ehrlich wie möglich zu dir. Meistens sind die Dinge im Außen nur ein Lückenfüller für das, was uns im Inneren fehlt.
Vielleicht ist deine Einsamkeit nur ein Indiz dafür, dass du an der Beziehung zu dir selbst wachsen darfst.
8. Schließe Freundschaft mit dir selbst
Wenn du dich mit dir selbst auseinandersetzt, dann kannst du dich auch lieben lernen.
Aber rudern wir lieber einen Schritt zurück. Lieben ist ein so fulminantes Wort.
Mir gefällt viel mehr das Wort Freundschaft. Denn so, wie du trotz seiner Macken einen guten Freund haben kannst, so kannst du auch mit dir Freundschaft schließen.
Du hast definitiv deine tollen, liebenswerten Seiten! Aber manchmal sagst du vielleicht auch blöde Sachen, bist zu nervig, findest dich zu dick oder was auch immer.
Kurz gesagt: Du hast Schwächen, die du definitiv nicht lieben musst. Was aber nicht heißt, dass du dich kleinhalten, verachten oder sogar hassen musst.
Etabliere eine Freundschaft mir dir selbst! Das sorgt nicht nur für bessere Gefühle, sondern auch dafür, dass du weniger „bedürftig“ nach Außen wirkst. Du wirst stärker und unabhängiger. Und das wirkt auf Menschen sehr anziehend.
9. Genieße so viele Momente, wie du kannst
Jeder Mensch auf dieser Welt kann und wird dich eines Tages verlassen. Mit einer Ausnahme: Dir selbst.
Deshalb lasse die Möglichkeit dieser einzigartigen Freundschaft bitte nicht verstreichen. Das ist ein Bündnis, das du Zeit deines Lebens brauchen wirst.

Und dazu gehört auch, dich selbst zu genießen. Genieße so viele Momente wie möglich mit dir. Sei stark für dich selbst.
Gib dich nicht auf, sondern kämpfe für dein Glück. Mache es dir so schön wie möglich, in jedem einzelnen Augenblick. Denn was ist die Alternative? Unglück, Frust, Krankheit, Leid, Miesepetrigkeit. Du siehst: Es gibt keine Alternative.
10. Bringe dich auf neue Gedanken
Du bist gerade in die Alternative abgerutscht? Lustlosigkeit, depressive Gedanken, Frust, Selbstvorwürfe, Opferrolle?
Natürlich ist es okay, sich auch mal so zu fühlen. Niemand ist davor gefeit. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, aus diesem Loch auch wieder herauszukrabbeln. Und am besten geht das, wenn du ins Handeln kommst.
Stehe auf, mache einen Spaziergang. Oder den Abwasch, der sich auf deiner Spüle türmt. Bringe den Müll raus. Rufe jemanden an. Schreibe deine Gefühle auf.
Was es auch ist: Vergrabe dich nicht in deiner Unzulänglichkeit. Starte durch wie eine Rakete! Die die Blumen gießt, die Post wegbringt, wichtige Mails beantwortet oder sich einfach ein heißes Bad einlässt. Hauptsache, du kommst auf neue Gedanken.
11. Kümmere dich um andere
Zu den neuen Gedanken zählt übrigens auch, dich mal nicht um dich selbst, sondern um andere zu kümmern.
Versteh mich nicht falsch: Es ist sehr wichtig, an dich selbst zu denken. Aber ab und zu kannst du dich auch bewusst deinen Mitmenschen zuwenden, ganz besonders, wenn du auf neue Gedanken kommen willst.
Wie geht es denn gerade den anderen mit Corona? Kannst du ihnen zum Beispiel durch einen Anruf eine Freude machen? Oder solltest du dich vielleicht mal wieder in deiner E-Community melden?
Solche Kleinigkeiten durchbrechen deine Grübelei und sorgen zugleich dafür, dass du deinen Einsamkeits-Posten verlässt. Und das ist super: Menschlicher Kontakt ist heilsam.
Finde deine Methode gegen die Einsamkeit
Mache dir bewusst, dass es momentan sehr vielen Menschen so wie dir geht. Corona ist nur das Sahnehäubchen obendrauf, dass das Gefühl der Einsamkeit bis zur Spitze treibt. Aber glaub mir, der Eisberg unter dieser Spitze ist noch viel größer.
Deshalb ist es so wichtig, dass du dir eine Methode beibringst, wie du deine Einsamkeit angemessen händeln kannst, ohne an ihr kaputtzugehen. Siehe deine Einsamkeit als Möglichkeit, dich selbst besser kennenzulernen und an ihr zu wachsen!
Mache dir bewusst, dass Einsamkeit eine Haltung ist – deine Haltung, die du jederzeit anpassen kannst.
Du bist keiner Situation hilflos ausgeliefert, du kannst jederzeit deinen Fokus ändern und damit deine Herausforderungen aus einem ganz neuen Blickwinkel betrachten. Gib dir die Zeit und die Chance, das zu tun.
Es ist okay, Angst zu haben und sich unwohl zu fühlen, solange du den richtigen Umgang damit findest. Lasse dich nicht von den äußeren Gegebenheiten erschlagen, sondern lenke und leite deine Gedanken und Gefühle, so gut es dir gerade möglich ist. Und dass es möglich ist, das kann ich dir versichern. Ich lade dich ein, daran zu glauben und zu wachsen, so wie auch ich es tue. Ich wünsche dir jede Menge Kraft, Zuversicht und ganz viel positive Energie!
Herzlich, Sabrina
Wie geht es dir mit diesem Artikel? Kannst du daraus etwas für dich mitnehmen? Welche Gedanken schießen dir in den Kopf? Welche weiteren Tipps gegen Einsamkeit möchtest du teilen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
Du möchtest mehr darüber erfahren, wie du deine negativen Gedanken sinnvoll nutzen kannst?
Oder suchst du nach etwas, wie es dir wieder besser geht?
Oder willst du endlich deine Grübelei stoppen?
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2 Gedanken zu „Einsamkeit überwinden – 11 Tipps, mit denen das funktioniert“
Oh ja, gerade in Zeiten von Corona ist Einsamkeit ja ein sehr bedeutender Faktor. Und vor allem eher extrovertierte Persönlichkeiten haben damit wirklich sehr zu kämpfen. Aber auch als introvertierter Mensch, kann das mit der Einsamkeit ein Faktor sein. Wir sind ja alle soziale Wesen und brauchen den Kontakt. Ich finde deine Tipps super. Vor allem sich auf die Fülle zu fokussieren ist etwas, das mir immer etwas bringt.
Hallo Anja,
vielen Dank für deine Gedanken! Ja, Einsamkeit ist bei mir immer mal wieder ein Faktor, der hochkommt. Und ich finde, gerade jetzt fallen Herbst (Rückzugsmonat) und der Lockdown Light zusammen. Aber ich freue mich auf jeden Fall, wenn du etwas für dich mitnehmen kannst! Und der Blick auf die Fülle ist für mich auch mit die beste Möglichkeit, mich aus der Einsamkeits-Spirale zu befreien.
Liebe Grüße,
Sabrina